Beruf der Rechtspflegerin oder Rechtspfleger
In dieser Position sind Sie Fachjuristinnen oder Fachjuristen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften tätig.
Sie wahrnehmen die ihnen übertragenen Aufgaben in sachlicher Unabhängigkeit. Dies bedeutet, dass Ihre Stellung mit der der Richterinnen und Richter vergleichbar ist.
Bei Ihren Entscheidungen sind Sie nur Ihrem Gewissen und dem Gesetz unterworfen und an keine Weisungen gebunden.
Die Entscheidungen sind ausschließlich im Rechtsmittelverfahren überprüfbar.
Diese sachliche Unabhängigkeit unterscheidet die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger von anderen Beamten.
Der Aufgabenbereich der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger ist breit gefächert und umfasst wichtige Teile der Rechtspflege.
Bei den übertragenen Aufgaben handelt es sich im Wesentlichen um ehemals richterliche Geschäfte.
* Entscheidungen in Grundbuchsachen (z.B. über Anträge auf Eintragung von Eigentumswechseln an Grundstücken und Eigentumswohnungen oder von Hypotheken und Grundschulden zur Kreditsicherung)
* Entscheidung über fast alle Eintragungen in Registersachen (Handels-, Genossenschafts-, Güterrechts-, Vereinsregister)
* Erteilung von familienrechtlichen Genehmigungen
* Aufgaben des Familiengerichts sowie des Betreuungsgerichts, insbesondere Verpflichtung von Betreuern, Vormündern und Pflegern sowie Überwachung deren Tätigkeit
* Aufgaben des Nachlassgerichts, z.B. Testamentseröffnungen und Erteilung von Erbscheinen
* Wahrnehmung der Aufgaben bei den Rechtsantragsstellen der Gerichte: In den Rechtsantragstellen helfen Sie Rechtssuchenden weiter (z.B. durch Aufnahme von Klagen) und erteilen in Fällen der Beratungshilfe, soweit zulässig, kostenlos Rechtsauskünfte
* Festsetzung der in Zivil-, Familien- und Strafsachen zu erstattenden Kosten sowie der Rechtsanwaltsvergütung
* Bearbeitung der Insolvenzverfahren nach deren Eröffnung
* Durchführung von Zwangsversteigerungsterminen, Zwangsverwaltung
* Aufgaben des Vollstreckungsgerichts; dazu gehören insbesondere der Erlass von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen bei der Pfändung von Forderungen (z.B. Gehalt), aber auch Vollstreckungsschutzverfahren
* Vollstreckung von Geld- und Haftstrafen bei den Staatsanwaltschaften (einschließlich des Erlasses von Haftbefehlen und Steckbriefen)
* Aufgaben im Bereich der Justizverwaltung (z.B. als Geschäftsleiter eines Gerichts oder einer Staatsanwaltschaft)
Ausbildung und Qualifikationen
Die Rechtspflegerausbildung ist eine praxisbezogene Fachausbildung auf wissenschaftlicher Grundlage.
Sie vermittelt die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden sowie die für die Tätigkeit der Rechtspfleger erforderlichen berufspraktischen Fähigkeiten.
Kennzeichnend ist ein Wechsel von theoretischen und praktischen Abschnitten.
Der Vorbereitungsdienst dauert drei Jahre und gliedert sich wie folgt:
1. Studium I an der Hochschule für Rechtspflege Schwetzingen (12 Monate)
2. Studienpraxis bei einem Amtsgericht und einer Staatsanwaltschaft (12 Monate)
3. Studium II an der Hochschule für Rechtspflege Schwetzingen (12 Monate)
Die Studiengänge I und II finden an der Hochschule für Rechtspflege Schwetzingen - des Landes Baden-Württemberg statt.
Die Studieninhalte richten sich nach den vom Rechtspflegergesetz festgelegten Aufgabengebieten; vermittelt werden das materielle Recht und das Verfahrensrecht.
Die Studienpraxis bei einem Amtsgericht und einer Staatsanwaltschaft soll die Fähigkeit vermitteln, die im Fachstudium erworbenen Kenntnisse in der Praxis anzuwenden.
Darüber hinaus sollen die Anwärter angeleitet werden, die Verfahren gesetzmäßig und mit praktischem Geschick zu betreiben, Entscheidungen zu treffen und diese klar zu begründen.
Auch der Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern wird geübt.
Die praktische Ausbildung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften wird durch eine Arbeitsgemeinschaft ergänzt.
Die schriftliche Rechtspflegerprüfung findet gegen Ende des Studiums II vor dem Landesjustizprüfungsamt Baden-Württemberg statt.
Auf Grund der bestandenen Rechtspflegerprüfung verleiht die Hochschule dann den akademischen Grad „Diplom-Rechtspfleger/in (FH)“.
Einstellungsvoraussetzungen
In den Vorbereitungsdienst kann eingestellt werden, wer
1. die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt. Dazu zählt u.a., dass die Bewerberin oder der Bewerber die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder der Länder Island, Liechtenstein, Norwegen oder Schweiz besitzt muss. Für die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung ist die deutsche Staatsangehörigkeit erforderlich.
2. die allgemeine Hochschulreife, die Fachhochschulreife oder einen als gleichwertig anerkannten Bildungsstand nachweist.
3. das 40. Lebensjahr, im Fall der Schwerbehinderung das 43. Lebensjahr, noch nicht vollendet hat.
Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt.